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Fehlt noch etwas in diesem Augenblick?



 

Hakuin, der grosse Reformator des Zen, stellt angesichts aller spiritueller Bemühungen fest: "Jene aber, welche die Selbst-Natur bezeugen - die eine Nicht-Natur ist - gehen über blosse Lehren weit hinaus." Es geht um die "Nicht-Natur", um das wesenhaft nicht Fassbare aller Erscheinungen - auch von uns selbst. Und anschliessed fragt Hakuin: "Fehlt noch etwas in diesem Augenblick?"


In der Praxis des Zen wird viel meditiert. Diese Übung gehört wie alle Lehren der Erscheinungswelt zu. Und auch Zen - sofern es als Lehre verstanden wird - ist darin  Konzept. Tatsächlich gibt es nichts zu lehren, da alles schon vollständig ist. Die Folgerung ist einleuchtend: "Nichts fehlt in diesem Augenblick". Die Vollständigkeit der "Nicht-Natur" besteht immer und überall, zeitlos und ortlos, und sie muss und kann auch gar nicht erreicht werden. In dem Sinne gibt es auch nichts zu erkennen. Nichts wird nicht "vollständiger", wenn es so oder anders betrachtet wird.

Ohne alle Lehren - also in der Abwesenheit des "Ich", das etwas erreichen will - zeigt sich, wie alles ist. Das Leben und die Welt sind nicht "für etwas" - sie haben kein Ziel und keinen Zweck. Solche Begriffe versuchen etwas zu ordnen, was unfassbar ist. Da ist nur Unfassbarkeit, die sich als alles zeigt. Es gibt nichts zu erlangen, nichts zu gewinnen. Es fehlt nichts, denn alles ist in wunderbarer Weise das, was es ist.


Die Erscheinungen sind in sich selbst frei. Das ist stets der Fall, auch wenn nicht gesehen wird, dass die Dinge schon sind, was sie sind. Manchmal ist der Blick durch eigene Vorstellungen und Wertungen getrübt, und die Erscheinungen werden nicht mehr in ihrer "Soheit" wahrgenommen.

 
Jenseits des persönlichen "Ich" besteht Freiheit. Es geht dabei nicht um Freiheit von oder für etwas, sondern darum, das alles schon frei ist. Der Charakter aller Erscheinungen ist Freiheit. Selbst die Formulierung "Freiheit von sich selbst" wäre zuviel. Freiheit ist dabei auch einfach ein anderes Wort für Begriffe wie unendliche Weite, reines Sein, Leere, Unergründlichkeit, nicht zu verstehende Erscheinungswelt. Da ist nur Freiheit, und es fehlt nichts.