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Vom verstorbenen Zen-Meister Platov wurde eine schöne Erzählung mit dem
Titel "Der Eremit" überliefert, worin ein alter Meister auf dem Markt einen
Hirseverkäufer trifft. Dieser berichtet, dass er gerne Mönch geworden wäre,
doch sei er von der Liebeskrankheit erfasst worden und habe nun sechs gute
aber lärmige Söhne. Nun lebe er inmitten des Marktes, sei "weggegangen" und
zweifle, ob er je zurückkommen werde.
Es gibt auch ein Koan, welches in die gleiche Richtung geht, dasjenige von
Hyakujos Wildente. Grossmeister Ba war mit seinem Schüler Hyakujo auf einem
Spaziergang, wo sie eine Wildente sahen. Auf die Frage von Ba, wohin sie
geflogen sei, antwortete der Schüler einfach, dass sie weggeflogen sei. Da
packte ihn Ba bei der Nase und sagte: "Wohin soll sie denn geflogen sein?"
Es gibt keinen Ort, weder für den Hirseverkäufer noch für die Wildente.
Damit ist nicht ein physischer Ort gemeint, sondern dass es eben überhaupt
keine Orte gibt. Der Hirseverkäufer ist aus dem normalen Bewusstsein, das
von Trennung geprägt ist, "weggegangen", und nun ist einfach das, was ist.
Lärm. Markt. Das ist alles. Es ist das Ganze. Darüber hinaus gibt es nichts
zu suchen, nichts zu finden und nichts zu erreichen. Ebenso ist die Wildente
einfach Wildente. Eine Erscheinung. Dazu braucht sie keinen Namen und kein
Konzept, wohin sie fliegt, oder gar, was ihr Flug "bedeutet". Letztlich
fliegt sie gar nicht. Es gibt aber auch nicht so etwas wie ein "reines
Sein", was stattdessen wäre. In dem, was alles ist, gibt es Unterscheidungen
nur als Beschreibungen und Konstrukte, aber nicht "wirklich". Der
Hirseverkäufer ist aus der Welt der trennenden Vorstellungen weggegangen -
und die Wildente brauchte dafür nicht einmal wegzufliegen. Sie war niemals
dort - nur der Schüler Hyakujo.
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