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"Unendliche Weite, nichts von heilig" antwortete Bodhidharma dem Kaiser Wu
in China, als er nach dem "höchsten Sinn der heiligen Wahrheit" gefragt
wurde.
Obgleich manche alten Texte klar davon sprechen, dass die Erscheinungen
nicht so sind, wie sie im allgemeinen wahrgenommen werden - nämlich mit
Bezug auf sich als Person - werden sie doch in den meisten Fällen
persönlich erlebt, als "mein Eindruck". Damit wird das Unfassbare aber zu
etwas Fassbarem und scheinbar Verstehbarem gemacht. Zen spricht davon,
dass die Erscheinungen "leer" (eben unfassbar) sind, und dass sie sich
gerade darin als Fülle zeigen. Sie erscheinen um den Aspekt der
Unermesslichkeit bereichert und damit von "unendlicher Weite". Das Leben
ist immer genau das, was es ist - unfassbar ohne die einengenden
Beschreibungen.
Sich auf die Leere "einzulassen" kann man nicht bewerkstelligen. Niemand
kann sich dafür entscheiden, "nicht zu sein". Aber es geschieht, wenn die
persönlichen Identifikationen wegfallen. Dann ist da keine Person mehr -
doch diese war ohnehin nie wirklich. In ihrem Wegfall liegt kein
tatsächlicher Verlust. Die eigene Person besteht ja nur darin, sich als
getrennt zu erfahren und ist daher ohne Substanz. "Nicht-Sein" als Person
ist, was immer schon war. Es gab sie nie - weder in der Vergangenheit
(auch wenn anders erlebt wurde), noch in der Gegenwart.
Was bleibt, ist was "scheinbar" geschieht. Es geschieht als Erscheinung.
Was es wirklich ist, wissen wir nicht. Die Erscheinungswelt als Ganzes
kann zu nichts in Bezug gesetzt weden, da es nicht anderes gibt. Es lässt
sich damit nicht einmal feststellen, ob sie "wirklich" ist. Zen spricht
daher davon, dass sie "real und nicht-real" sei, oder "weder real noch
nicht-real". Sie ist reine Unfassbarkeit. Was bleibt, ist die unendliche
Weite, von der Bodhidharma spricht.
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