Im Rinzai-Zen werden die Meditierenden angehalten, die Schranken des Verstandes mittels Koan zu überwinden. Dies sind Berichte von alten Zen-Meistern, wobei es meistens um deren Gespräche mit ihren Mönchen geht. Die Fragen und Antworten des Meisters verhalfen ihnen dabei manchmal zu plötzlicher tiefer Einsicht. Deshalb wurden sie aufgeschrieben und später als Beispiele verwendet. Zen-Antworten im Nachvollzug, als didaktisches Mittel. Auch wenn solche Aufgaben anregend sein mögen, haben sie doch zugleich den Charakter einer künstlichen Übung.

Ein derartiges Koan enthält die Aufgabe: "Lösche ein tausend Meilen entferntes Feuer!". Wie soll das gehen? Solange der Mensch mit dieser Aufgabe und das Feuer voneinander getrennt sind, geht das nicht. Sind sie aber nicht voneiander getrennt, dann sind beide nicht mehr da - der Mensch und das Feuer. Dann ist da nicht mehr "jemand", der etwas tun könnte. So mag das Feuer gelöscht sein. Dann ist nur noch weite Unermesslichkeit. Für niemanden.

 
Das Unermessliche wird nicht geboren und stirbt nicht. Der japanischen Zen-Meister Kobuta sagte: "As long as you cannot say, all human beings never die, your Zen ist not yet" (Solange du nicht sagen kannst, dass die Menschen niemals sterben, ist dein Zen noch nicht erfüllt). Das ist insofern verwirrend, als von Menschen gesprochen wird. Gemeint ist aber das Unermessliche, denn nur was "nicht- etwas" ist, kann nicht sterben, und nicht die Menschen als "Personen". Wir selbst sind das Unermessliche, das nicht geboren wurde und nicht stirbt.

Das "Ich" (unsere Selbstwahrnehmung als Person) kann aber sterben, und manchmal geschieht dies sogar vor dem physischen Tod. Das ist der Fall, wenn sich jede Identifikation mit einem vermeintlichen "Ich" auflöst. Dann ist das Feuer unserer Gedanken, Gefühle, Empfindungen und Sehnsüchte gelöscht. Dann gibt es die Wahrnehmnung "Ich und mein Leben" nicht mehr. Wenngleich Gedanken und Gefühle weiterhin geschehen können, sind sie nicht mehr "von jemandem" und damit ohne Feuer.